In diesem Jahr will Google eine Brille auf den Markt bringen, die dem Träger die Augen öffnen soll. Google Glass ist ein Brillengestell mit einem Mikrodisplay, das dem Träger Informationen ins Blickfeld sendet. Das Mikrodisplay simuliert ein Bild, das vergleichbar ist mit einem 25-Zoll-HD-Fernseher in 2,4 Metern Entfernung. Auf diesem Display kann der Träger der Brille via Smartphone in der Tasche Daten und Informationen aufrufen, herunter- und hochladen. Ohne ein Smartphone mit der notwendigen MyGlass-App ist der Datentransfer nicht möglich. Hierbei muss es sich nicht unbedingt um ein Android-Gerät handeln; mit iOS-Geräten funktioniert es auch.
Menübefehle werden per Sprachsteuerung gegeben, z.B. „Ok, Glass record a video“. Wenn jemand anruft, erscheint auf dem Display ein Foto des Anrufers – der Ton wurde in der ersten Testversion per die Schwingungen über den Bügel übertragen, die zweite Testversion arbeitet mit abnehmbaren Ohrhörern. Auf Wunsch können Gläser mit Sehstärke am Gestell angebracht werden. Gerüchten zufolge soll Google ein Patent für eine Lasertastatur zugesprochen bekommen haben. Per Laser wird eine Tastatur auf die Handfläche projiziert, mit der man dann Anrufe entgegen nehmen oder Nachrichten schreiben kann.
Die neuere Testversion verfügt außerdem über ein Update das dem Träger ermöglicht, Fotos per Augenzwinkern zu schießen. Wahrscheinlich die bisher umstrittenste Funktion, da sie ohne Sprachsteuerung aktiviert werden kann. Datenschützer befürchten, dass sie dahingehend ausgenutzt wird, um ungefragt und unbemerkt Fotos machen zu können. Strengere Auflagen gibt es jedoch in Bezug auf die Gesichtserkennung: Google veröffentlichte Richtlinien, die es Glass-Entwicklern verbieten, Apps zu entwickeln, die mit Gesichtserkennung arbeiten. Außerdem soll die Software keine Werbung enthalten und die Apps müssen kostenfrei sein.
So weit, so interessant. Die Berichterstattung über die smarte Brille lässt ein großes Interesse an ihr erkennen. Neben den Aufzählungen der Funktionen, dem Nachgang von Gerüchten über mögliche Updates und die Schilderungen über mögliche Vorteile der Brille wird aber auch Kritik geäußert. Vor allem über das Foto per Augenzwinkern.
Malen wir ein Zukunftsbild:
In zehn bis fünfzehn Jahren hat sich die Brille auf dem Markt etabliert. Mittlerweile gibt es die Gestelle in allen möglichen Designs, entworfen von den großen Namen der Modeindustrie. Das Mikrodisplay fällt praktisch nicht mehr auf. Menschen gehen durch die Straßen, anscheinend im Selbstgespräch, während sie Befehle an ihre Brille schicken, ihnen das nächste Hotel, die nächste Sehenswürdigkeit, die neuesten Nachrichten, mögliche Wetterveränderungen in der nächsten halben Stunde aufs Display zu senden.
Ein durchgehendes Summen liegt in der Luft. Ebenso in Cafés und Geschäften. Die Zeiten, in denen man sich mit dem Smartphone gegenübersaß und nur noch stichwortartig kommunizierte sind vorbei: jetzt sitzt man sich mit Smartglasses gegenüber und blickt augenscheinlich ins Leere. Die Entwickler sagen für die Nutzer der Smartglasses eine höhere Konzentration auf die Umgebung und die Mitmenschen voraus, da die Informationen direkt ins Blickfeld geschickt werden und mit Kopf nach vorn gerichtet auch die Aufmerksamkeit nach vorn gerichtet sei. Dem ist nicht so. Dem durch die Smartphones schon stark gestörten Gruppenverhalten kann eine Brille mit einem Display kaum entgegenwirken.
Im Supermarkt wird die eigene Brille gegen eine supermarktinterne Brille getauscht, welche die Daten direkt an die Marketingabteilung und die Produkthersteller sendet. Wo schaut man zuerst hin, bzw. wohin nicht, wie lange hat man welches Produkt fokussiert, welches Produkt wird schlussendlich gekauft? Wem der Brillentausch zu umständlich ist, der lädt sich die jeweilige Supermarkt-App herunter und speichert die gesammelten Daten ganz praktisch auch gleich noch bei Google, damit dann die richtigen Werbeangebote an das internetfähige Smartphone, das Tablet und den Laptop gesendet werden können. Überhaupt ist die Datensammelei ganz praktisch, um ein noch signifikanteres Bewegungsprofil erstellen zu können.
Als Antwort auf den seit Jahren andauernden Streit um den nicht gewährleisteten Datenschutz und die völlige Auflösung der Privatsphäre formuliert Google immer wieder das gleiche Statement: „privacy means what you agreed to“ . Recht haben sie! Keiner wird gezwungen solch eine Brille zu tragen – jedenfalls nicht rechtlich. Gruppendynamisch bestimmt das alte Lied. Wer sich dem Gruppenzwang verwehren kann, bevorzugt in der Öffentlichkeit Cafés, Restaurants und Geschäfte, die sich als No-Glass-Areas ausweisen können.
Die Polizei kann mittlerweile eine steigende Aufklärungsquote vorweisen, da jeden Tag jede Menge Augenzeugenberichte eintrudeln, die gewissenhafte smartglasstragende Bürger abliefern. Das Risiko, dass es zu ausschreitender Polizeigewalt beispielsweise auf Demonstrationen kommt ist ebenso zurückgegangen. Zu viele gewissenhafte, smartglasstragende Bürger, die bei den Demos gegen die Datenbrille zusehen.
Die Foto-per-Augenzwinkern-Funktion ist wieder abgeschafft worden, die unzählichen Anzeigen wegen diesem offensichtlichen Verstoß gegen alle noch existierenden Privatsphäre-Gesetze waren nicht mehr zu bewältigen. Die Vergnügungsindustrie hingegen boomt wie noch nie, die Aufnahmen, die mit Google Glass möglich sind, sind quasi so als wäre man live dabei.
Fazit:
Eine Zukunftsvision, die ihre positiven Seiten haben mag, aber mir im Großen und Ganzen nicht erstrebenswert scheint. Unbekannten in der Bahn gegenüber zu sitzen, die eine Google Glass tragen, und dabei immer befürchten zu müssen, beim nächsten Blinzeln heißt es „Foto!“ finde ich eine grauenhafte Vorstellung. Ebenso wie Menschen, die mir auf der Straße entgegenkommen und mit ihrer Brille sprechen oder im Café scheinbar leer in die Gegend starren. Ganz zu schweigen von der Unmenge an Daten die, zusätzlich zum Datensammeln mittels anderer bereits existierender internetfähiger Geräte dazukommen. Natürlich bleibt es meine eigene Entscheidung, ob ich dem zustimme oder nicht, aber soll das wirklich die Zukunft sein? Menschliche Roboter, Sklaven der Endgeräte, wer nicht mitmacht ist raus?
Die Möglichkeit, sich der Brille zu entziehen, wird schwieriger sein als sich den Möglichkeiten des Internets zu entziehen. Denn selbst wenn man sich gegen die Brille entscheidet, würden genug andere damit herumlaufen, die mit ihr nicht nur das eigene Leben darstellen, sondern auch das Leben anderer, sobald diese ihr Blickfeld kreuzen.
Die Kontrolle darüber liegt nicht mehr in der eigenen Hand – und das ist für mich das Bedrohlichste daran.
Diese Arbeit wurde im Rahmen des BOK-Kurses Smart Business Mobility & IT Sicherheit an der Universität Freiburg erstellt.
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